Das erste Zelt stand unterm Obstbaum.
Vor 60 Jahren kam Nikolaus Schausten auf eine Idee, von der die meisten Cochemer dachten: Der ist doch verrückt. Damals fragten ihn ein paar Touristen aus den Niederlanden, ob sie ihre Zelte auf seiner Obstwiese im Cochemer Enderttal aufschlagen dürfen. Gefragt, getan. Als dann immer mehr Moselurlauber dort zelten wollten, dachte sich Schausten kurzerhand, dann mach ich eben einen eigenen Campingplatz auf. Das war 1957. Jetzt ist 2017, und der Campingplatz besteht noch immer. Mittlerweile geführt in der dritten Generation, von Enkel Christian Reif und seiner Frau Melanie.
„Auf eine schöne Saison mit euch“, sagt Melanie Reif und prostet mit einem Glas Sekt einigen ihrer Stammgäste herzlich zu, die in der Sonne vor der Gaststätte des Campingplatzes sitzen. Manche von ihnen kommen bereits seit mehr als 40 Jahren her. Zum Teil führen sogar deren Kinder oder Enkelkinder diese Tradition fort. „Viele unserer Gäste kommen wieder und geben uns gute Bewertungen im Internet“, freut sich die 40-Jährige. Seit 20 Jahren betreiben die Reifs den Platz, sommers wie winters. Zwar herrscht zwischen Frühling und Herbst am meisten Betrieb, einige Gäste zieht es allerdings auch an Weihnachten oder Silvester in die Moselstadt. „Die besuchen dann den Cochemer Weihnachtsmarkt oder andere Veranstaltungen“, sagt das Ehepaar, während sie zwischen ihren Gästen einen Kaffee genießen.
Gabi Saueressig aus Duisburg ist mit ihrem Mann seit mehr als 15 Jahren regelmäßig Gast der Reifs. „Wir spannen hier im Winter aus und genießen die Ruhe, weil dann ja nicht so viel los ist“, sagt die 64-Jährige. Früher kamen sie mit Motorrad und Zelt, heute haben sie einen Wohnwagen. „Und mittlerweile kommen auch unsere Enkelkinder mit hierher“, sagt die Duisburgerin, während Lina, Benni und Jasmin um sie herum spielen. Dafür ist viel Platz auf den Wiesen, die sich im Tal über vier Terrassen des Campingplatzes erstrecken.
Was die besondere Atmosphäre auf dem Campingplatz ausmacht, wird schnell klar. Es ist der lockere, freundschaftliche Umgang miteinander, der einem das gute Gefühl gibt, Teil der Gemeinschaft zu sein. „Wir mögen den Kontakt mit den verschiedenen Menschen, das ist eine wunderbare Abwechslung, kein Tag ist wie der andere“, schwärmt Melanie Reif. Über die Jahre haben die beiden sogar Holländisch und ein bisschen Spanisch gelernt. Das Ehepaar wohnt zudem direkt am Platz, die drei Kinder haben stets ihre Eltern um sich herum. „Man ist hier sein eigener Chef und kann die eigenen Ideen umsetzen“, sagt Christian Reif. Vor einigen Jahren kamen so drei Gästezimmer und eine Küche hinzu. Das Paar überlegt ständig, wie es den Betrieb noch weiterentwickeln kann.
„Die beiden machen hier alles für uns“, lobt Mientje Sündermeier den Einsatz der Reifs. Die 73-jährige Holländerin und ihr Mann Hans halten dem Platz seit 35 Jahren die Treue. Kein Jahr haben sie seitdem ausgelassen. „Wir kamen schon her, als die Eltern den Platz noch geführt haben, da war Christian erst fünf Jahre alt“, erinnert sich die Holländerin. Die gemütliche und familiäre Atmosphäre machte die beiden zu Dauercampern im Enderttal, früher kamen auch die Kinder mit. Ihren Wagen haben sie im oberen Teil des Platzes aufgestellt, dort, wo früher noch ein Weinberg war. Hier ist es grün und ruhig. Ganz in der Nähe steht auch der Wagen von Carine Van Decraen und Jaak Ceyssens aus Belgien. Sie kamen vor fünf Jahren erstmals ins Enderttal, „Wir waren damals auf der Suche nach einem Dauerstellplatz, hier sind wir dann gerne geblieben“, erinnert sich die 52-Jährige. Sie hat hier Freunde gefunden.
Die Gäste kommen vor allem aus den Niederlanden oder Belgien. Aber auch Australier, Neuseeländer, Japaner oder Südafrikaner waren bereits unter den Campern. „Wir empfangen alle bei uns mit offenen Armen und haben auch kein Problem mit Motorradfahrern oder Hunden, wie manch andere Campingplätze“, sagt Melanie Reif. Die Familie hat selbst zwei Hunde, zwei Katzen und zwei Kaninchen. „Im vergangenen Jahr ist der Hund einer unserer Gäste in Richtung Valwig abgehauen, da sind wir mit losgefahren und haben suchen geholfen“, erinnert sich die 40-Jährige. „Wir könnten ein Buch mit solchen Geschichten schreiben“, ergänzt sie und lacht.
Die Reifs tun einiges dafür, dass ihre Gäste eine gute Zeit an der Mosel verbringen können. Doch wie sieht’s da eigentlich mit dem eigenen Urlaub aus, wo doch der Platz ganzjährig geöffnet ist? „Wir fahren mit unseren Kindern immer in den Herbstferien 14 Tage weg, währenddessen hilft unsere Familie auf dem Campingplatz aus“, erklärt Melanie Reif. Außerdem können sich die beiden im Winter ein wenig erholen, da ist ja nicht so viel Betrieb auf dem Platz.
Das 60-jährige Bestehen des Campingplatzes wollen Melanie und Christian Reif am 16. September unter dem Motto „Black & White“ gebührend feiern. Langjährige Gäste werden dann geehrt, es wird ein musikalisches Programm geben und für Kinder Aktionen wie Kinderschminken oder eine Hüpfburg. Eben so, dass alle wieder eine gute Zeit miteinander haben.